Süßes Nichtstun – vom Wert der Faulheit

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Die Urlaubszeit bietet mir den idealen Anknüpfungspunkt für eines meiner Lieblingsthemen. Als „dolce far niente“ – süßes Nichtstun wird es in Italien bezeichnet. In unserer heutigen Arbeitswelt, in der die Optimierer eifrig am Werk sind, ist es schon so gut wie ausgerottet, denn auch der letzte Faulpelz ist wohl schnell enttarnt. Auch in der verbleibenden Freizeit gibt es immer weniger echte freie Zeit, denn auch hier neigen wir dazu, immer mehr Zeit zu verplanen. Es gilt keineswegs als unschicklich zu erwarten, dass Mitarbeiter im Urlaub Mails bearbeiten und betriebliche Telefongespräche führen. Kurz: es scheint immer weniger angesagt und es fällt zunehmend schwer, dass wir uns Zeiten zu gönnen, in denen wir uns ganz der Muße hingeben.

Warum das so ist? Diese Frage ist, wie so oft, nicht leicht zu beantworten. Fest zu stehen scheint, dass Muße, wie so vieles andere, durchaus ambivalente Wirkung erzeugen kann. Wer kennt nicht den Spruch „Müßiggang ist aller Laster Anfang“. Der Spruch hat seinen Ursprung vermutlich im christlichen Denken. Denn in der christlichen Theologie wird „… Müßiggang in die sieben „Hauptlaster“ oder „Wurzelsünden“ eingeordnet, die ihrerseits die Todsünde nach sich ziehen können.“(zitiert aus dem Wikipedia-Beitrag „Müßiggang„).

Dabei ist der Wert gelegentlicher Faulheit eigentlich schon lange bekannt. Bereits in der Antike „… galt die Muße (im Sinne von Kontemplation) als erstrebenswertes Ideal. Marcus Tullius Cicero prägte den Begriff des otium cum dignitate, der mit wissenschaftlicher und philosophischer Betätigung verbrachten „würdevollen Muße“ in Zurückgezogenheit (De Oratore I,1-2).“*

Das richtige Maß zwischen Fleiß und Faulheit zu finden, hat mich schon immer beschäftigt. So habe ich mir vor über dreißig Jahren eine Aufsatzsammlung von Hermann Hesse mit dem Titel „Die Kunst des Müßiggangs“ gekauft. Hesse vertritt dort im gleichnamigen Aufsatz die Meinung, dass wir von Kind an mit dem Ideal des „atemlosen Angestrengtseins“ konfrontiert würden und deshalb keine Übung im richtigen Umgang mit der Muße besäßen. Interessant finde ich, dass Hesse hier von einer Kunst spricht, die es wieder zu erlernen gilt.

Wie diese Kunst, also der richtige Umgang mit der Muße dimensioniert ist, wurde mir spätestens bei der Recherche für diesen Beitrag deutlich. Ich empfinde es deshalb anmaßend und unpassend, mich an dieser Stelle um eine Zusammenfassung zu bemühen. Denn ganze Heerscharen von Philosophen, Wissenschaftlern, Literaten und Zeitgenossen haben sich mit diesem Thema befasst. So zum Beispiel Bertrand Russel in „Lob des Müßiggangs„, Salmon Rushdie in der Frankfurter Rundschau vom 29.01.2010 unter dem Titel „Trägheit – das kosmische Laster“ oder aktuell und eher eine pragmatische Annäherung an das Thema, der Wissenschaftsjournalist Ulrich Schnabel in seinem 2010 veröffentlichten Buch „Muße: Vom Glück des Nichtstuns„.

Dieses Glück des Nichtstuns ist es, das ich mir immer wieder gönne und das ich genieße. Es stellt sich ein, wenn es mir gelingt, in der Zeit der Muße ganz bei mir selbst anzukommen. Es macht den Kopf frei für neue Ideen, lässt Entschlüsse reifen und setzt Kraft für neue Taten frei. Dieses erlebte Glück adelt die Faulheit und macht sie wertvoll.

Wer jetzt oder in nächster Zeit beabsichtigt sich dem süßen Nichtstun hinzugeben, dem empfehle ich, den vielen Links dieses Artikels nachzugehen – es lohnt sich!

*zitiert aus dem Wikipedia-Beitrag „Faulheit

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