Durchgefallen!!! Wieder einmal wird die Studierfähigkeit junger Leute infrage gestellt

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Als hätte man es schon geahnt. Vor nicht einmal einem Monat haben die diesjährigen Abiturienten ihre Zeugnisse erhalten und schon werden seitens der Hochschullehrer Klagelieder über die mangelnde Studierfähigkeit der jungen Leute angestimmt. Ganz aktuell vertritt im Beruf & Chance Teil der aktuellen Wochenendausgabe der FAZ im Beitrag „Gute Selbstdarstellung, schlechte Sprachbeherrschung“ der Mediävist und ehemalige  Vorsitzende des Philosophischen Fakultätentages Gerhard Wolf diese Auffassung.

Eine Studie hat den vermeidlich beklagenswerten Zustand zu Tage gefördert. Demnach sollen unsere studierwilligen jungen Leute über „…mangelnde Kenntnisse der Grammatik, also Tempora, Casus, Modi und Syntax…“ verfügen. Ebenso wird „Schlechtschreibung“, bemängelt. Und „generell besteht eine mangelnde Fähigkeit, selbständig zu formulieren, zusammenhängende Texte selbständig zu schreiben und unterschiedliche Stilregister zu bedienen.“ „Es fehlt … an der Fähigkeit, bei Vorträgen oder Vorlesungen mitzuschreiben.“ „Selbst englische Texte werden nicht flüssig gelesen,…“ Und bedauert wird, dass „… Studenten unsicher sind, ob der Zweite Weltkrieg im 19. oder 20. Jahrhundert war.“

Man kann sich darauf verlassen: Klagen über mangelnde Ausbildungsfähigkeit, Studierfähigkeit und Berufseignung werden alljährlich von den jeweils für Lehre und Ausbildung Verantwortlichen gebetsmühlenartig angestimmt. Ich kenne das selbst seit meiner Jugend. Damals, als betroffene Schülerin und Studentin, hat dieses Klagen und Anzweifeln bei mir Beklommenheit ausgelöst. Das Gerede über die, meiner Bildungsgeneration attestierten Defizite, war durchaus in der Lage, mich als Kind aus nichtakademischem Elternhaus einzuschüchtern. Würde ich es wohl in den erlauchten Kreis der Studienabsolventen schaffen?

Heute machen mich diese Statements ärgerlich. Weil sie wahrgenommene Zustände beklagen, anstatt sie als Herausforderungen und zu bewältigende Aufgabenstellungen für sich selbst anzunehmen. Ich empfinde diese Haltung, den jungen Menschen gegenüber, als Snobismus und Machtgebaren. Und ich vermisse vielerorts die Freude an der pädagogischen Aufgabe. Wir brauchen doch all die jungen Leute als aufrechte, gut ausgebildete und fähige Zukunftsgestalter. Was haben wir Älteren ihnen nicht alles mitzugeben an Werten, Wissen und Können!

Dabei geht es auch anders. Und dafür gibt es wunderbare Beispiele. Großartigen Menschen und Künstlern ist es ein Bedürfnis junge Leute auszubilden, sie zu befähigen und mit ihnen Erfolge zu feiern. Das bekannteste Dokument hierfür ist wohl der Film „Rythm is it“. Und erst kürzlich zeigte Arte die Dokumentation „Tanzträume“. Jugendliche tanzten dort das Stück „Kontakthof“ von Pina Bausch. Pina Bauschs Aussagen im Film, zeugen davon, dass sie über jeden Zweifel an jungen Menschen erhaben ist. So sagt sie unter anderem: „Ich hab da ganz viel Vertrauen. Weil, was kann schon falsch sein. Die werden sich große Mühe geben und ich liebe die. Wenn was falsch ist, es macht gar nichts.“ Sie sagt auch, dass sie diese Arbeit mit den jungen Leuten glücklich macht. Damit unterscheidet sie sich wohl von all den Zweiflern in den Bildungsinstitutionen.

Vielleicht braucht es zuerst einmal eine, von Vertrauen geprägte Haltung, damit sich Leistungsfähigkeit entfalten kann. Wann werden die Akteure mit Bildungsauftrag das endlich verstehen?

 

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