Mit Vertrauen die besten Mitarbeiter finden

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Kaum geht es mit der wirtschaftlichen Entwicklung bergauf, wird das Klagen der Unternehmen, keine geeigneten Mitarbeiter zu finden, spürbar lauter. Da heißt es, junge Menschen mit Hauptschulabschluss seien nicht ausbildungsfähig, die meisten Studienabsolventen nicht ausreichend qualifiziert und arbeitsuchende Menschen den beruflichen Anforderungen überwiegend nicht gewachsen. Was läuft schief in einem Land, in dem laut Bildungsbericht 2010 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung das Bildungsniveau noch nie so hoch war wie heute?

Ich bin der Meinung, dass Unternehmen auch heute hervorragende Mitarbeiter gewinnen können. Die Bedingung: Sie sollten ihre Praxis der Bewerberauswahl überdenken, denn hier liegt aus meiner Sicht einiges im Argen.

Belegen möchte ich dies durch meine Beobachtungen zur heute gängigen „Recruitingpraxis“. Ich trage wohl Eulen nach Athen, wenn ich bemerke, dass diese übliche Bezeichnung für die Mitarbeiterauswahl ursprünglich aus dem militärischen Kontext stammt. Dennoch habe ich es erwähnt, da ich der Auffassung bin, dass schon die Wahl der Worte Aussagekraft besitzt. Da liegt es nahe, dass weniger selbstverantwortliche Mitarbeiter mit persönlichem Profil gesucht werden – wie es landläufig in den Ausschreibungstexten zu lesen ist – sondern vielmehr Menschen, mit stromlinienförmigen Persönlichkeitsmerkmalen.

Es wundert mich nicht, wenn man dann im Auswahlprozess wohlmeinend strategisch zu Felde zieht und leider viel zu oft über das Ziel hinausschießt:

Erstes Dilemma: Anforderungsprofile
Da werden Anforderungsprofile und Ausschreibungstexte für Bewerber erstellt, die weit über das für die Stelle Erforderliche hinaus reichen, mit der Folge: ist der Mitarbeiter mit entsprechendem Profil gefunden, wird er sich schnell langweilen und unterfordert sein. Natürlich reduziert sich durch diese Praxis überhöhter Anforderungen die Anzahl geeigneter Bewerber.

Zweites Dilemma: Onlinebewerbungen
Viele Bewerberportale leisten ein Übriges. Ist schon die Nutzerfreundlichkeit oft kaum gegeben, so sind auch noch die Matchingkriterien notwendigerweise stark formalisiert, so dass nur Bewerber durchkommen, die über ein relativ eingegrenztes Qualifizierungsprofil verfügen. Das ist dann das sichere Aus für Quereinsteiger. Die Unternehmen verspielen damit ihre Möglichkeiten hochmotivierte, erfahrene und leistungsstarke Mitarbeiter zu gewinnen.

Drittes Dilemma: Auswahlverfahren
Hat der Bewerber es geschafft, mit seiner Bewerbung Aufmerksamkeit zu erzielen, gelangt er in die zweite Phase des Auswahlprozesses. Während sich kleine und mittlere Unternehmen meist mit Bewerbungsgesprächen und gelegentlich mit Arbeitsproben begnügen, wird in großen Unternehmen jetzt die gesamte Maschinerie der Eignungsdiagnostik in Gang gesetzt. Das heißt, der Bewerber durchläuft Intelligenztests, Persönlichkeitstests, Assessmentcenter, diverse Interviews und muss sich häufig für mehrere Durchläufe der Entscheidungsfindung bereithalten. Dieses für beide Seiten hoch aufwendige Verfahren soll dazu dienen am Ende den geeignetsten Bewerber zu finden. Diese Praxis ist aus meiner Sicht für die Unternehmen extrem aufwendig und teuer und trotzdem häufig wenig effektiv. Dass der Bewerber ausreichend intelligent ist, hat er in der Regel schon durch Schul- und Studienabschlüsse unter Beweis gestellt. Und die Sicherstellung, dass er über Persönlichkeitsstrukturen verfügt, mit denen er die Aufgaben der vakanten Stelle erfolgreich bewältigen wird, ist aus meiner Sicht durch gut vorbereitete und strukturierte Gespräche besser festzustellen als durch aufwendige Testverfahren. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass die gängige Bewerberauswahl die Kandidaten zu isoliert betrachtet und das künftige Umfeld – wie ist der Chef? – wie sind die Kollegen? – welche Aufgaben sind zu stemmen? weitestgehend außen vor lässt. Hinzu kommt, dass die Auswahlverfahren meistens aus der Machtperspektive der Unternehmen heraus konzipiert werden (wir haben Stellen zu vergeben und nicht: wir suchen Mitarbeiter). Deshalb geht man beim Bewerber konsequent auf die Suche nach Defiziten anstatt nach Potenzialen. Hier ist Misstrauen die grundlegende Haltung gegenüber dem Bewerber. Diese übliche Praxis gibt vor, den höchsten Anspruch an den Bewerber zu stellen. Die Folge: Bluff auf Bewerberseite. Die Süddeutsche Zeitung berichtete darüber in der Wochenendausgabe vom 7./8.Mai 2011. Für mich stellt sich die Frage, ob es nicht bessere Möglichkeiten gibt, die auf direktem Wege zu einer späteren vertrauensvollen Zusammenarbeit führen.

Viertes Dilemma: Einarbeitungsprogramm
Ist der Bewerber dann erst einmal eingestellt, ist häufig Schluss mit aufwendigen Strategien. Genau wie der neue Mitarbeiter glaubt, jetzt werde sich alles schon auf natürliche Weise fügen, stecken auch die Unternehmen häufig wenig Energie in ein erfolgversprechendes Einarbeitungsprogramm. Zwar gibt es in Firmen oft wohlmeinende Onbording-Programme mit Info-Veranstaltungen und Infopackages. Hier wird der neue Mitarbeiter dann oft von Unternehmensseite einseitig berieselt, anstatt dass man jetzt endlich in einen konstruktiven, Verbindung schaffenden Dialog eintritt. Andere Unternehmen satteln noch drauf, indem sie dem neuen Mitarbeiter die Begleitung durch einen Mentor anbieten. Leider wirkt gerade dieses eigentlich positive Angebot oft kontraproduktiv und zwar dann, wenn man bei der Auswahl des Mentors nicht genügend Sorgfalt walten lässt. Wenn es dem Mentor nicht gelingt, eine echte Vertrauensbeziehung zum Mentee aufzubauen, entwickelt sich der Mentoringprozess zwangsläufig zu einer Bühne auf der Schaulaufen des neuen Mitarbeiters Programm ist. Eine gelungene Einarbeitung sieht anders aus.

Mein Fazit:
Unternehmen täten gut daran, sich darauf zu konzentrieren bereits bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern einen von Vertrauen und Wertschätzung getragenen Prozess zu initiieren, in dem der Bewerber auf Augenhöhe kommunizieren kann. Denn erst in einer vertrauensvollen Atmosphäre gelingt es, die Fülle der eigenen Potenziale zur Geltung zu bringen. Der Bewerber muss sich dann auch nicht demontiert fühlen, wenn der Arbeitgeber sich nicht für ihn entscheidet. Selbstverständlich hat er selbst ebenfalls eine bessere Möglichkeit zu prüfen, ob die Stelle zu ihm passt.

Besser wäre es auch, wenn Unternehmen ihre sowieso aussichtlosen Bemühungen um Objektivität zugunsten von Intersubjektivität aufgeben würden. Damit meine ich, dass man alle Schlüsselpersonen in den Auswahlprozess einbinden sollte. Damit hätte die Entscheidung für den Bewerber die Akzeptanz der Beteiligten. Und dies unterstützt eine spätere vertrauensvolle Zusammenarbeit. Kleine und mittlere Unternehmen sind hier von Haus aus im Vorteil, da sie leichter alle Betroffenen im Bewerbungsprozess beteiligen können und oft schon aus Kostengründen auf eine ausgeklügelte Eignungsdiagnostik verzichten.

Zugegeben, es bleiben noch viele Fragen offen, wie eine erfolgreiche vertrauensbasierte Mitarbeiterauswahl stattfinden kann. Fest steht für mich: sie ist möglich. Ich habe das in meiner langjährigen Praxis erlebt und werde mich dazu in weiteren Beiträgen äußern.

Wer bereits jetzt Genaueres erfahren möchte, den lade ich ein, sich mit mir über „Erfolg für Talente“ in Verbindung zu setzen.



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