Im Urlaub zu Hause bleiben

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Bereits in meinem letzten Artikel hatte ich das Buch von Ulrich Schnabel „Muße: Vom Glück des Nichtstuns“ erwähnt. Jetzt möchte ich es noch einmal allen, die noch eine erquickende und nachhaltige Urlaubslektüre suchen, wärmstens empfehlen. Ich selbst konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen und fühlte mich beim Lesen auf meinem häuslichen Balkon wie im Urlaub – wohlig und entspannt.

Den Buchtipp nochmals abzugeben ist aber nicht allein der Grund, warum ich diesen Artikel schreibe. Auch geht es mir nicht darum das Sommerloch zu füllen und deshalb einen zweiten Artikel über die Muße und das Urlaubmachen zu schreiben. Vielmehr hänge ich mit meinen Gedanken zurzeit an der spannenden Frage, wie es überhaupt möglich ist, zu sich selbst zu finden, seine innere Stimme zu kennen und auf sie zu hören. Und deshalb kreisen meine Gedanken immer noch um die Bedeutung der Muße und ums Urlaubmachen.

Warum?

Ich glaube, dass mit dem Urlaub immer Vorstellungen verknüpft sind, die auf das deuten, was uns ganz besonders am Herzen liegt. Was das sein kann, ist natürlich ganz von den eigenen Wünschen geprägt, also sehr vielfältig z.B.: Entspannung und Abschalten vom Alltag, ein Abenteuer, eine sportliche Herausforderung oder das glückliche Zusammensein mit Familie und Freunden. Mit Urlaub verbinden wir immer den Wunsch etwas zu erleben, das uns gut tut.

Wenn wir also einmal nachspüren, welche Wünsche es genau sind, die wir mit dem Urlaubmachen verbinden, dann haben wir einen Schlüssel dafür in der Hand, zu uns selbst zu finden. Denn in unseren Wünschen kommt zum Ausdruck was uns wirklich wichtig ist, was uns ausmacht.

Das die Urlaubsrealität eine ganz andere sein kann, steht auf einem anderen Blatt. Wer kennt das nicht? Familienzoff, quengelnde Kinder, schlechtes Wetter, Langeweile – ein Indikator dafür, dass die eigenen Wünsche nicht erfüllt wurden. Auch hier kann man mit der Beantwortung der Frage, was fehlt, viel über die eigenen Wünsche erfahren und spätestens beim nächsten Urlaub vieles anders machen.

Leider ist es also auch im Urlaub so, dass es uns nicht immer gelingt, mit unseren Wünschen im Einklang zu sein. Dass wir uns insbesondere im Alltag fremdgesteuert fühlen, ist allerdings der Kern der Sache. Deshalb bietet Urlaub, als Ausstieg aus dem täglichen Trott eine verbesserte Chance, unsere Wünsche zu erkennen und zu uns selbst zu finden. Damit uns dies gelingt und wir uns nicht auch dort wie Gehetzte fühlen, brauchen wir, wie so oft, eine gute Strategie. Eine habe ich in Ulrich Schnabels Buch kennengelernt: die „Odysseus-Strategie“*.

Sie stammt vom Soziologen Hartmut Rosa, mit dem Ulrich Schnabel ein lesenswertes Interview führte, das in „Zeit Online“ unter dem Titel „Muße braucht Zeit“ veröffentlicht wurde. Harmut Rosa meint damit die Möglichkeit sich selbst zur Muße zu verhelfen, indem man sich der Fülle existierender Handlungsmöglichkeiten verweigert. Im Interview sagt er: „Deshalb gehen Menschen etwa auf eine einsame Berghütte oder drei Wochen ins Kloster, wo die Zahl möglicher Optionen extrem reduziert ist. Das nenne ich die Odysseus-Strategie: Man fesselt sich selbst, um den Sirenengesängen der unendlichen Möglichkeiten nicht zu verfallen.“*

Ganz gleich ob mit der „Odysseus-Strategie“ oder einer eigenen Methode: wenn es uns gelingt, im Urlaub jene Momente der Muße zu erleben, wird es möglich den Weg zu dem zu erschließen, was uns selbst ausmacht. Auf diese Weise können wir sogar im Urlaub zu Hause bleiben.

*die „Odysseus-Strategie“ wird in Ulrich Schnabels Buch  „Muße: Vom Glück des Nichtstuns“ auf den Seiten 219-225 beschrieben.

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