Das Ich – ein wirkungsloses Rädchen im Getriebe?

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Schon meinen vorletzten Artikel hatte ich mit dem Titel „Ich bin wichtig!“ überschrieben. Darin beleuchtete ich, wie bedeutsam es für die Motivation der Mitarbeiter ist, dass Führungskräfte ihnen Vertrauen und Wertschätzung gegenüber bringen. Heute bin ich beim Durchblättern meiner Zeitschriften auf den Artikel „Systematisch zum Selbst“ gestoßen, den Volker Kitz und Manuel Tusch in „managerSeminare“, im April 2011 geschrieben haben (leider für Nicht-Abonnenten nicht kostenfrei zu lesen). Da sie eine weitere Facette des  vielschichtigen Themas „Ich selber sein“ sichtbar machen, schreibe ich jetzt noch einmal darüber.

Kitz und Tusch berichten, dass immer mehr Menschen das Gefühl haben, „…nicht mehr Herr im eigenen Leben zu sein.“* Diese Menschen „…fühlen sich getrieben, gehetzt, fast wie ferngesteuert. Und werden darüber unglücklich.“*Als eine wichtige Ursache für diese umsichgreifende Befindlichkeit machen sie das fehlende Selbstwirksamkeitsgefühl aus.

Nicht wirksam und erfolgreich zu sein, dieses Gefühl kenne ich sehr gut aus eigener Erfahrung, als ich über mehrere Jahre immer und immer wieder Qualifizierungskonzepte erarbeitet habe, die – obwohl für gut und passend befunden – letztendlich aus Budgetgründen doch nicht realisiert wurden. Auch viele meiner Kunden kommen zu mir, weil sie sich nur noch als nutzlose Rädchen im Getriebe empfinden und haben oft alle Freude und Motivation an ihrer aktuellen Tätigkeit verloren. Die Gründe hierfür sind wie immer vielfältig. Mal ist es der Chef, der bei jeder vorgelegten Arbeit zeigen muss, dass er fachlich noch immer die Nase vorn hat, mal sind es die Entscheidungen der Geschäftsleitung, die der Nachbarabteilung die größere strategische Bedeutung beimessen und sie bei der Verteilung der Gelder begünstigen, mal ist es ein taktisch besonders gewiefter Kollege, der einem in Meetings regelmäßig die Show stiehlt, oder es ist gar ein diffuses Gemengelage, das man selber schon längst nicht mehr durchschaut.

Das fatale an all diesen Situationen und Ereignissen ist: sie hinterlassen Spuren. Wer sich selbst nicht mehr wirksam und erfolgreich erlebt, verliert „die zentrale Zutat zum Glücklichsein“* und auf die Dauer sein Selbstwertgefühl. Damit ist der Teufelskreis eröffnet.

Jetzt heißt es, den goldenen Schlüssel zu finden, um aussteigen zu können.

Gute Hinweise, was zur Lösung beitragen kann, liefert der Wikipedia-Eintrag zum Thema „Selbstwirksamkeitserwartung“. Dort wird das Konzept von Albert Bandurazitiert:

„Das Konzept entwickelte Albert Bandura in den 1980er Jahren. Er nennt vier verschiedene Quellen, die die Selbstwirksamkeitserwartung einer Person beeinflussen können.

1. Meisterung von schwierigen Situationen
Erfolg bei der Bewältigung einer schwierigen Situation stärkt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten – man traut sich auch in Zukunft solche Situationen zu –, während Misserfolge dazu führen können, an der eigenen Kompetenz zu zweifeln und in Zukunft vergleichbare Situationen eher zu meiden. Damit es zu einer solchen Beeinflussung der eigenen Selbstwirksamkeitserwartung durch (Miss-)Erfolgserlebnisse kommt, müsse die Person jedoch diese (Miss-)Erfolge ihrer eigenen (Un-)Fähigkeit zuschreiben (d. h. internal und stabil attribuieren). Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit zeigten demnach trotz einzelner Rückschläge eine höhere Frustrationstoleranz.

2. Beobachtungen von Vorbildern
Meisterten andere Menschen, mit Fähigkeiten, die den eigenen gleichen, eine Aufgabe, traue man sie sich selbst auch eher zu. Andererseits demotiviere ein Misserfolg solcher Personen. Dabei gelte: Je größer die Ähnlichkeit zur beobachteten Person, desto stärker die Beeinflussung durch das Vorbild.

3. Soziale Unterstützung
Menschen, denen gut zugeredet wird und denen von anderen zugetraut werde, eine bestimmte Situation zu meistern, strengten sich eher an. Sie glaubten mehr an sich, als wenn andere an ihren Fähigkeiten zweifelten. Zugleich sei es wichtig, jemanden nicht unrealistisch zu fordern – das würde bei wiederholtem Misserfolg eher demotivieren.

4. Physiologische Reaktionen
Die eigenen physiologischen Reaktionen auf eine neue Anforderungssituation sind oft Grundlage unserer Situations- und Selbstwirksamkeitsbewertung. Herzklopfen, Schweißausbrüche, Händezittern, Frösteln, Übelkeit z. B. gehen oft mit emotionalen Reaktionen wie Anspannung oder Angst einher. Diese Anzeichen ließen sich leicht als Schwäche interpretieren und Selbstzweifel aufkommen. Ein Abbau von Stressreaktionen könne Menschen helfen, entspannter an Herausforderungen heranzugehen und sie so besser zu meistern.“

Folgt man Banduras Konzept ist es nützlich, im Job an folgenden Rädern drehen, um sich wieder selbstwirksam und erfolgreich zu erleben:

  • Kommt man im Job auf keinen grünen Zweig, kann es nützlich sein, nach Vorbildern oder guten Rollenmodellen Ausschau zu halten und sich mit dem eigenen Verhalten an ihnen zu orientieren.
  • Gelingt es, ungesunden Stress abzubauen und entspannter zu agieren, sind Anforderungen besser zu erkennen und Ergebnisse mit erhöhter Qualität zu liefern – eine wichtige Voraussetzung für Erfolg.
  • Wie wichtig soziale Unterstützung und Lob für das eigene Selbstwertgefühl ist, darüber hatte ich bereits in meinem Beitrag „Ich bin wichtig!“ geschrieben.
  • Bleiben Erfolge über einen längeren Zeitraum aus, ist auch die höchste Frustrationstoleranz irgendwann erschöpft. Da hilft es, sich seine Bestätigung in anderen Feldern zu suchen oder wenn gar nichts mehr nützt, den Job zu wechseln.

*zitiert aus: managerSeminare“, April 2011, Heft 157, Seite 53

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