Immer mehr innere Kündigungen – was läuft schief in deutschen Unternehmen?

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In den früheren Blog-Beiträgen „Als Mitarbeiter ausgebremst – als Manager einsam“, und „Wie Wertschätzung im Unternehmen Mitarbeiter in Höchstform bringt und Kunden glücklich macht“, hatte ich mich schon mit den Zusammenhängen von geringer Arbeitsmotivation und mangelnder Wertschätzung in deutschen Unternehmen beschäftigt. Leider ist noch keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil: am 6. März hat das Gallup Institut  den sogenannten „Engagement-Index 2012“, eine Studie zur Arbeitsplatzzufriedenheit veröffentlicht. Das Ergebnis ist noch alarmierender als in den vergangenen Jahren. Die Zahl derjenigen Mitarbeiter, die keine emotionale Bindung an Ihr Unternehmen verspüren, erreicht in der aktuellen Studie mit 24% einen traurigen Höhepunkt.

Das Gallup-Institut, das diese Studie seit 2001 jährlich durchführt, hat 2012 2.198 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer ab 18 Jahren befragt. Marco Nink, Strategic Consultant bei Gallup, führt die Ursachen für die geringe Mitarbeiterbindung auf Defizite in der Mitarbeiterführung zurück: „Aus motivierten Leuten werden Verweigerer, wenn ihre Bedürfnisse und Erwartungen bei der Arbeit über einen längeren Zeitraum ignoriert werden. Man fragt sie nicht nach ihrer Meinung, gibt ihnen weder positives Feedback noch eine konstruktive Rückmeldung zur Arbeitsleistung und interessiert sich nicht für sie als Mensch.“ Menschen verlieren auf diese Weise den Bezug zur eigenen Arbeit. Ihr Sinn geht verloren. Innere Kündigung ist die Folge.

Die Studie zeigt, dass dies insbesondere bei den Überfünfzigjährigen der Fall ist. Hier liegt der Wert der Mitarbeiter ohne emotionale Bindung sogar bei 29%. Aufgrund der nachfolgenden Generationen verschwinden gerade sie zunehmend vom „Aufmerksamkeits-Radar“ im Unternehmen. Nink macht grobe Versäumnisse in der Mitarbeiterführung hierfür verantwortlich. Es fehlt das „…Feedback von Vorgesetzten, das Gefühl unterstützt zu werden, bzw. zu lernen und sich weiterzuentwickeln…“ und als Mensch gesehen zu werden. Wer immer mehr an den Rand gedrängt wird, fragt sich zunehmend: Wie habe ich die letzten Jahre gelebt und gearbeitet? Warum habe ich das gemacht? Wann werde ich endlich wieder etwas tun, was mir wertvoll und wichtig ist? Und das alles, obwohl in vielen Fällen sogar das Einkommen stimmt.

Die weit verbreitete Führungspraxis „nicht geschimpft ist genug gelobt“, ist damit eindeutig als demotivierende Führungstaktik enttarnt. Zu dieser Erkenntnis gelangte auch, eine ebenfalls 2012 durchgeführte repräsentative Umfrage der „HayGroup“:  „Wichtiger als das Gehalt sind weiche Faktoren wie ein kollegiales Arbeitsumfeld (80%) und ein erfüllender Job (66%). Ein angemessenes Gehalt landet mit Abstand auf Platz drei … (56%), dicht gefolgt von weiteren weichen Faktoren wie einer guten Führungskraft (53%) und genügend Entscheidungsfreiräumen im Job (49%).“

Dabei ist die Erkenntnis, dass Geld und auch Status nicht alles sind, um die Motivation der Mitarbeiter zu fördern und zu erhalten nicht neu. Bereits in den 1950ziger Jahren erforschte Frederick Herzberg  die Wirkfaktoren der Motivation. Er fasste seine Erkenntnisse in der sogenannten „Zwei-Faktoren-Theorie“ zusammen. Gemäß der Theorie haben nicht nur äußere Faktoren, Herzberg nennt sie „Hygiene Faktoren“, sondern insbesondere auch innere Faktoren, die sogenannten „Motivatoren“ Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter.

„Unter Hygienefaktoren fasst Herzberg all die Faktoren zusammen, die bei positiver Ausprägung die Entstehung von Unzufriedenheit verhindern, aber nicht zur Zufriedenheit beitragen bzw. diese erzeugen. Häufig werden diese Faktoren gar nicht bemerkt oder als selbstverständlich betrachtet. Sind sie aber nicht vorhanden, empfindet man dies als Mangel. Zu den Hygienefaktoren zählen insbesondere:

  • Entlohnung und Gehalt,
  • Personalpolitik, Führungsstil
  • Arbeitsbedingungen einschließlich Autonomie und Unterstützung
  • zwischenmenschliche Beziehungen zu Mitarbeitern und Vorgesetzten,
  • Sicherheit der Arbeitsstelle und
  • Einfluss auf das Privatleben.“

„Motivatoren“ beeinflussen, so Herzberg, den Antrieb zur Leistung. Es sind quasi die inneren Bedürfnisse, die uns bewegen etwas zu tun oder zu lassen. Im Zentrum stehen hier:

  • der Wille etwas zu leisten und erfolgreich zu sein,
  • der Wunsch nach Anerkennung,
  • Arbeitsinhalte, die unseren Talenten und Fähigkeiten entsprechen,
  • das Bedürfnis entscheiden zu dürfen und Verantwortung zu übernehmen ,
  • die Möglichkeiten zu lernen, sich weiterzuentwickeln und  Karriere zu machen. (Quelle: Wikipedia)

Es sind also „Hygienefaktoren“ und „Motivatoren“, die gleichermaßen Beachtung finden müssen, wenn wir mit ganzem Einsatz und Freude arbeiten wollen. Sie sind die Messgrößen für den Grad unseres Engagements. Beide zu kennen und immer wieder zu überprüfen, ob sie im passenden Maß erfüllt werden, ist für jeden einzelnen Mitarbeiter ein sicherer Gradmesser für Arbeitszufriedenheit. Für die strategischen Funktionen im Unternehmen und die Führungsverantwortlichen, ist deren Berücksichtigung erfolgsentscheidend. Nichtbeachtung  hinterlässt nicht nur reihenweise demotivierte Mitarbeiter, sondern verursacht erhebliche wirtschaftliche Einbußen.

 

 

 

 

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